Aus den Entwicklungsländern fließt doppelt soviel Geld in die Industriestaaten wie umgekehrt. Das besagt nun erstmals eine Studie.
Die „Entwicklungshilfe“, über die unter anderem auf der UN-Konferenz in Addis Abeba gestritten wurde, steht auf dem Kopf: Weltweit fließt etwa doppelt so viel Geld aus den Entwicklungsländern in die Industrienationen wie die armen Staaten aus der klassischen „Nord-Süd-Entwicklungshilfe“ bekommen. Seit der Finanzkrise 2008 „verlieren die Entwicklungsländer mehr als zwei Dollar für jeden Dollar, den sie bekommen“, ist das Fazit einer Studie der Entwicklungsorganisation „European Network on Debt and Development“ (Eurodad), die offizielle Quellen ausgewertet hat.
Die Studie „The State of Finance for Developing Countries 2014“
sieht für das Jahr 2012 etwa zwei Billionen US-Dollar, die legal und
illegal aus den Ländern des Südens nach Norden transferiert wurden –
während aus den Industriestaaten etwa eine Billion in den Süden
überwiesen wurde. Als „Entwicklungsländer“ gelten nach
Weltbank-Definition Staaten, in denen das Jahreseinkommen pro Kopf unter
12.615 Dollar liegt.
Die klassische „Entwicklungshilfe“ aus Steuergeldern macht bei den Kapitalflüssen nur einen kleinen Teil, nämlich 90 Milliarden aus; etwa 30 Milliarden kommen zusätzlich von privaten Spendern. Fast 500 Milliarden fließen als Direktinvestitionen, die Firmen in den Entwicklungsländern anlegen. Und etwa 350 Milliarden Dollar senden Migranten aus den Industriestaaten an ihre Familien in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Die klassische „Entwicklungshilfe“ aus Steuergeldern macht bei den Kapitalflüssen nur einen kleinen Teil, nämlich 90 Milliarden aus; etwa 30 Milliarden kommen zusätzlich von privaten Spendern. Fast 500 Milliarden fließen als Direktinvestitionen, die Firmen in den Entwicklungsländern anlegen. Und etwa 350 Milliarden Dollar senden Migranten aus den Industriestaaten an ihre Familien in Afrika, Asien und Lateinamerika.
In der anderen Richtung bluten vor allem
„illegale Finanzströme“ die armen Länder aus: Über 630 Milliarden Dollar
Schwarzgeld, etwa aus Drogen- oder anderen Schmuggelgeschäften,
überwiesen 2012 nach diesen Schätzungen Kriminelle aus dem Süden in den
Norden. Fast 500 Milliarden an Profiten transferierten multinationale
Firmen legal an ihre Aktionäre im Norden. Über die Verluste von
Entwicklungsländern aus Steuerhinterziehung gibt es keine Angaben.
Das Ziel:
Ausgehend vom „Monterrey-Konsens“ der ersten Konferenz über
Entwicklungsfinanzierung 2002 sollten in Addis Abeba
Finanzierungsquellen, Steuerungsmechanismen und Ausgabenziele
konkretisiert werden.
Das Ergebnis: Auf Druck der Industrieländer fehlen im Abschlussdokument sämtliche von den in der G77 zusammengeschlossenen Ländern des Südens eingebrachten Vorschläge, die Verantwortlichkeiten von Konzernen und Industrieländern definieren. Übrig geblieben ist ein recht unverbindlicher Kanon, der in Teilen hinter das zurückfällt, was bereits 2002 beschlossen – und bis heute nicht umgesetzt – wurde.
Reaktionen: Nichtregierungsorganisationen sind enttäuscht von dem Ergebnis. Sie kritisieren, privatwirtschaftliche Interessen hätten die Oberhand gewonnen und befürchten negative Auswirkungen auch auf die Chancen der im September in New York zu beschließenden „Ziele nachhaltiger Entwicklung“ und die Klimakonferenz von Paris im Dezember. (pkt)
Das Ergebnis: Auf Druck der Industrieländer fehlen im Abschlussdokument sämtliche von den in der G77 zusammengeschlossenen Ländern des Südens eingebrachten Vorschläge, die Verantwortlichkeiten von Konzernen und Industrieländern definieren. Übrig geblieben ist ein recht unverbindlicher Kanon, der in Teilen hinter das zurückfällt, was bereits 2002 beschlossen – und bis heute nicht umgesetzt – wurde.
Reaktionen: Nichtregierungsorganisationen sind enttäuscht von dem Ergebnis. Sie kritisieren, privatwirtschaftliche Interessen hätten die Oberhand gewonnen und befürchten negative Auswirkungen auch auf die Chancen der im September in New York zu beschließenden „Ziele nachhaltiger Entwicklung“ und die Klimakonferenz von Paris im Dezember. (pkt)
Fast eine Billion Dollar verlieren die
Süd-Länder, weil sie Zinsen für Schulden zahlen, ihr Geld in
Staatsanleihen des Nordens anlegen oder neue Schulden aufnehmen.
Insgesamt machen diese Abflüsse etwa zehn Prozent der Wirtschaftskraft
aller Entwicklungsländer aus. „Von 100 Dollar, die im Land
erwirtschaftet werden, gehen 10 verloren“, heißt es.
Die Brüsseler NGO Eurodad hat für diese Studie zum ersten Mal nicht nur die Finanzflüsse von Nord nach Süd, sondern auch umgekehrt aufgelistet. Die Experten haben nach eigenen Angaben die offiziellen Daten von Weltbank, OECD und Unctad genutzt und in Einzelfällen auf Statistiken der NGO „Global Financial Integrity“ zurückgegriffen. „Unsere Schätzungen sind konservativ“, sagt Eurodad-Direktor Jesse Griffiths gegenüber der taz. „Manche Länder tauchen in der Statistik nicht auf, weil es keine Daten gibt. Bei illegalen Geschäften ist es naturgemäß schwer, verlässliche Zahlen zu finden.“
Die Brüsseler NGO Eurodad hat für diese Studie zum ersten Mal nicht nur die Finanzflüsse von Nord nach Süd, sondern auch umgekehrt aufgelistet. Die Experten haben nach eigenen Angaben die offiziellen Daten von Weltbank, OECD und Unctad genutzt und in Einzelfällen auf Statistiken der NGO „Global Financial Integrity“ zurückgegriffen. „Unsere Schätzungen sind konservativ“, sagt Eurodad-Direktor Jesse Griffiths gegenüber der taz. „Manche Länder tauchen in der Statistik nicht auf, weil es keine Daten gibt. Bei illegalen Geschäften ist es naturgemäß schwer, verlässliche Zahlen zu finden.“
Für Niels Keijzer vom „Deutschen Institut
für Entwicklungspolitik“ (DIE) sind die Daten des Eurodad-Berichts
„grundsätzlich verlässlich“. Andere Angaben werden etwa auch durch den
„europäischen Bericht zur Entwicklung“ aus der EU-Kommission bestätigt:
Etwa der Trend, dass manche Entwicklungsländer inzwischen deutlich mehr
eigenes Geld zur Verfügung haben als noch vor Jahren.
Die wirtschaftliche Aufholjagd hat vor
allem in wirtschaftlich erfolgreichen Ländern wie China, Indien oder
Brasilien inzwischen für viel privates und öffentliches Kapital gesorgt –
insgesamt wurden 2012 über 7 Billionen Dollar aus heimischen Kapital in
diesen Ländern investiert, die Finanzminister nahmen mehr als 4
Billionen Steuern ein.
Doch ein genauer Blick in die Zahlen verrät
auch: Bei den Ärmsten kommt dieser Fortschritt kaum an. Der Bericht
unterteilt die Entwicklungsländer nach Weltbank-Kriterien in Staaten mit
niedrigem (unter 1.035 Dollar), mittlerem (1.036 bis 4.085 Dollar) und
hohem Einkommen (4.086 bis 12.615 Dollar) pro Kopf und Jahr. Während die
reicheren Entwicklungsländer pro Kopf statistisch etwa 2.700 Dollar in
Schulen und Straßen investieren konnten, waren das bei den Ärmsten nur
165 Dollar im Jahr. Ein Fünftel der gesamten Wirtschaftsleistung kam in
den ärmsten Ländern von außen – vor allem über Entwicklungshilfe und
Überweisungen von Migranten.
In allen Kategorien der Entwicklungsländer
nimmt auch die Verschuldung wieder zu. Die Verantwortung dafür treffe
auch die Industrieländer, heißt es im Bericht, denn die armen Staaten
„hätten sich nicht so viel Geld leihen müssen, wenn die reichen Länder
ihre versprochene Hilfe geliefert hätten.“ Zudem gebe es weiterhin kein
unabhängiges System, um überschuldeten Staaten zu helfen – auch einer
der umstrittenen Punkte bei der UN-Konferenz in Addis Adeba.
(Quelle: taz Tageszeitung Berlin)
Dafür geben die Schweizer ihr Geld aus
Mehr Einkommen, mehr Geld zum Sparen: Die Schweizer Haushalte spüren die Wirtschaftskrise wenig. Das sind die wichtigsten Budgetposten.
Die Schweizer geben einen grossen Teil ihres Geldes für Wohnen und Energie sowie für die Steuern aus. Das zeigen die neuen Zahlen des Bundesamtes für Statistik. Ein Haushalt in der Schweiz verdiente im Jahr 2013 durchschnittlich 10'052 Franken pro Monat. Das klingt nach viel – Ueli Oetliker vom Bundesamt für Statistik relativiert jedoch: «Pro Haushalt werden 2,2 Personen gerechnet. Ausserdem sind in diesem Betrag der 13. Monatslohn, Sozialleistungen, Renten, Alimente und andere zusätzliche Einkommensposten eingeschlossen.» In Einpersonenhaushalten ist das Einkommensniveau tendenziell tiefer.
Wirtschaftskrise schadlos überstanden
Vom Bruttoeinkommen fielen 2013 – wie in den Vorjahren – rund 30 Prozent für obligatorische Abgaben wie Steuern, Sozialversicherungen und Krankenkassenprämien weg.
Von der Wirtschaftskrise spüren die Schweizer Haushalte offenbar wenig: Nach Abzug der obligatorischen Ausgaben standen pro Haushalt durchschnittlich 7130 Franken pro Monat zur Verfügung – das sind 665 Franken mehr als 2008.
Die Einkommensverteilung ist allerdings nicht symmetrisch: 2013 wiesen 61 Prozent aller Haushalte in der Schweiz ein verfügbares Einkommen auf, das unter dem Mittelwert von 7130 Franken lag. Tut sich also in der Schweiz eine Einkommensschere auf? Ueli Oetliker verneint: «Der Wert ist in den letzten Jahren konstant geblieben. Wir konnten nicht beobachten, dass sich eine Einkommensschere geöffnet hätte.»
Wohnen verschlingt viel Geld
Wofür geben Herr und Frau Schweizer ihr Geld aus? Wohnen und Energie (15,1 Prozent) sind die wichtigsten Budgetposten, gefolgt von den Steuern (11,7 Prozent) und Sozialversicherungsbeiträgen (10 Prozent). Ein vergleichsweise geringer Anteil des Einkommens wird mit 6,4 Prozent für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke aufgewendet.
Eine Auswahl von Budgetposten in Schweizer Haushalten.
Mehr Geld zum Sparen
Nicht nur das Einkommen ist in der Schweiz gestiegen, auch Ende Monat bleibt mehr Geld übrig. Ueli Oetliker vom Bundesamt für Statistik bestätigt: «Über die ganze Schweiz gesehen haben die Menschen in den letzten Jahren mehr Geld zum Sparen.» Im Jahr 2013 konnten die Haushalte durchschnittlich jeden Monat 1329 Franken auf die hohe Kante legen. Das sind 490 Franken mehr als noch 2006.
Oetliker betont allerdings, dass je nach Einkommen erhebliche Unterschiede bestünden: Eine Erhebung aus den Jahren 2009–2011 zeigt etwa, dass Haushalte der untersten Einkommensklasse (unter 4880 Franken Einkommen) nichts zur Seite legen können, sondern im Gegenteil jeden Monat 560 Franken im Minus sind. Haushalte hingegen mit einem Einkommen von über 13'171 Franken hatten zu jener Zeit durchschnittlich jeden Monat 3860 übrig zum Sparen. Auch die regionalen Unterschiede waren gross: Konnten Bewohner der Zentralschweiz monatlich 1480 Franken sparen, waren es bei den Tessinern nur gerade 900 Franken.
Rentner brauchen ihr Vermögen auf
Zu den Haushalten der untersten Einkommensklasse, die oft mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen, gehören vielfach auch die Rentner. Sie machen in dieser Kategorie 55 Prozent aus. Das bedeute aber nicht, dass die Rentner sich verschulden, erklärt Oetliker. Sie liessen sich meist ihre 2. Säule ausbezahlen und würden nicht sparen, sondern ihr Vermögen aufbrauchen.
(Quelle: Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
Schweizer Exporte schrumpfen
Sieben wichtige Exportbranchen erlitten im ersten Halbjahr 2015 Einbussen.
Die Schweizer Wirtschaft hat in der ersten Jahreshälfte 2015 weniger exportiert. Die Ausfuhren gaben um 2,6 Prozent nach. Sieben wichtige Exportbranchen erlitten Einbussen, bei Luxusgütern und Präzisionsinstrumenten stiegen die Ausfuhren dagegen leicht.
Insgesamt exportierten Schweizer Firmen Waren im Wert von rund 100 Milliarden Franken, nach 103 Milliarden Franken im Vorjahreszeitraum. Ein Grund für den Rückgang waren tiefere Preise. Real sanken die Exporte lediglich um 0,8 Prozent, wie die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) mitteilt.
Ausfuhren nach Europa sackten ab
Nach der Aufgabe des Euro-Mindestkurses am 15. Januar hatten sich Schweizer Produkte in Ländern mit der europäischen Gemeinschaftswährung auf einen Schlag verteuert. Darauf reagierten viele Exporteure mit Preissenkungen, weil sie andernfalls einen Nachfragerückgang befürchteten.
Die Ausfuhren nach Europa sackten im ersten Semester um 6 Prozent an Wert ab. In Nordamerika und Asien zog die Nachfrage hingegen um 5 beziehungsweise 3 Prozent an.
Mit 57 Prozent fliesst ein Grossteil der Exporte aber weiterhin nach Europa. Der Umsatz mit Schweizer Produkten verringerte sich etwa in Österreich um 14 Prozent und in den grossen Volkswirtschaften wie der Niederlande, Italien, Deutschland und Frankreich zwischen 6 und 10 Prozent.
Menge der importierten Waren leicht gestiegen
Auch die Importe sanken in den ersten sechs Monaten des Jahres um 7,4 Prozent. Allerdings gaben die Güterpreise binnen Jahresfrist um 7,8 Prozent nach. Real stiegen die Einfuhren deshalb um 0,5 Prozent an. Die Einfuhren von Investitionsgütern verringerten sich am schwächsten, die Energieträger aufgrund eines deutlichen Preisabschlags am stärksten.
Insgesamt exportierte die Schweiz weiterhin deutlich mehr, als sie importierte. Die Handelsbilanz wies einen Überschuss von 17 Milliarden Franken aus.
Im Juni legten die Ausfuhren um 5,9 Prozent zu, die Einfuhren sanken um 7,7 Prozent. Allerdings zählte der Monat gleich zwei Arbeitstage mehr als im Vorjahr. Um diesen Effekt bereinigt sanken die Exporte um 3,0 Prozent und die Importe um 15,4 Prozent. Preisbereinigt gaben die Exporte um 0,3 Prozent und die Importe um 5,5 Prozent nach.
(Quelle: woz/sda)
Ein Land im Fusionsfieber
Seit 1970 verschwanden in der Schweiz über 700 Gemeinden durch Zusammenschlüsse. Diese Zahl dürfte noch grösser werden.
Fünf Jahre haben sie geschwiegen. Fünf Jahre schien das Thema erledigt. Mit einer Volksinitiative hatte die SVP Oberengadin 2010 sämtliche Fusionsideen im Hochtal unterbunden. Bis sich zu Beginn dieses Jahres ein Bürger aus Pontresina erdreistete, das Thema Grossfusion aller elf Gemeinden im Oberengadin per Petition wieder zu lancieren. Im Oktober wird abgestimmt, geschossen wird schon jetzt. Erratisch in der Formulierung, dafür klar in der Aussage war der Kommentar von Mario Salis, Präsident der SVP Oberengadin, der kürzlich im «Bündner Tagblatt» erschien: «Die Frage: Ist das Oberengadin heute bereit für eine Grossfusion? Ich sage, nicht zuletzt auch aufgrund der verschiedenen Mentalitäten, der Zweisprachigkeit und weiterer Aspekte – Nein!»
Der Leserbrief von Salis ist der Auftakt zu einer Diskussion, die man in der Schweiz schon oft geführt hat. Wollen wir zusammen? Wie viel Autonomie braucht Heimat? Wie viel Feuerwehr? Fusionsdebatten scheinen oft ins Emotionale zu kippen, ins Irrationale. Es sind jene Debatten, die besonders laut geführt werden und darum die Wahrnehmung der ganzen Thematik prägen.
Ein etwas genauerer Blick zeigt allerdings: Der Streit um Gemeindefusionen hat in den vergangenen Jahren an Schärfe verloren. Dabei wurde noch nie so oft fusioniert wie heute. In den 70er-Jahren zählte die Schweiz über 3000 politische Gemeinden, aktuell sind es noch 2300. Allein in diesem Jahr listet das Bundesamt für Statistik über 50 Fusionsvorhaben aus, darunter die Grossfusion im Tessin mit Bellinzona als Kern.
Das Allerwichtigste ist Vertrauen
«Die Zeiten sind vorbei, da man die Betriebswirte in die Dörfer schickte und diese alles nach rein ökonomischen Gesichtspunkten fusionieren wollten», sagt Wolf Linder, emeritierter Professor für Politologie an der Universität Bern. Linder stellt eine Zunahme von erfolgreichen Fusionen fest. «Das ist ein sich selbst verstärkender Prozess.» Dass dieser Prozess heute reibungsloser als auch schon verlaufe, habe mit der Lernkurve der Behörden zu tun. «Diese wissen, dass es viel Geduld braucht und einiges an Geschick, den richtigen Moment abzuwarten. Politiker reden mit den Betroffenen offen über Vor- und Nachteile, und sie wissen, was das Allerwichtigste ist – nämlich das Vertrauen der Stimmbürger zu gewinnen», formulierte es Linder in einer Laudatio zur Verleihung des Demokratiepreises der Neuen Helvetischen Gesellschaft an Escholzmatt-Marbach. Die Luzerner Gemeinde wurde für ihre vorbildliche Fusion ausgezeichnet.
Auch Reto Lindegger, Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbands, beobachtet eine grössere Geschwindigkeit bei den Gemeindefusionen. Die Zusammenschlüsse kämen in Schüben – und so einen erlebe die Schweiz im Moment. In verschiedenen Kantonen sei einiges in Bewegung. Schaffhausen möchte seine Gemeinden allesamt abschaffen, in Freiburg wurden diese Woche die Pläne für ein «Grossfreiburg» konkret, im Aargau gibt es verschiedenste Projekte. Die Gründe für die Fusionen sind bekannt: Das Milizsystem erodiert, und es wird immer schwieriger, genügend Personal für die politischen Ämter zu finden. Gleichzeitig nehmen die finanziellen Belastungen besonders für die kleinen Dörfer zu.
Oft nicht günstiger, aber besser
Lindegger beobachtet eine Professionalisierung im Fusionsprozess. Das Thema ist auch für die Wissenschaft interessant geworden. Seit kurzem bietet beispielsweise die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Chur einen «Fusions-Check» an, mit dem Gemeinden online testen können, ob ein Zusammenschluss für sie infrage kommt.
Anschauungsmaterial finden die Churer Wissenschaftler im eigenen Kanton. Dort, in Graubünden, sind heftige Streitereien, wie sie nun im Oberengadin zu erwarten sind, die Ausnahme. 88 Gemeinden verschwanden in Graubünden seit 1970, aktuell zählt der Kanton noch 125 Dörfer. Mittelfristig soll sich diese Zahl zwischen 50 und 100 einpendeln, längerfristig sogar unter 50.
«Wir legen grossen Wert auf die Gemeindeautonomie», sagt Thomas Kollegger, Leiter des Amts für Gemeinden. «Und wenn die Gemeinden tatsächlich stark sein sollen, dann brauchen sie Kraft – und eine gewisse Grösse.» Dass die bisherigen Fusionen (allein 2010 schlossen sich 55 Dörfer zusammen) so reibungslos verlaufen sind, führt Kollegger auf die positiven Erfahrungen der bisherigen Zusammenschlüsse zurück. «Wir haben nie gesagt, dass es nach einer Fusion für alle günstiger wird.» Wenn man zum gleichen Preis mehr machen könne, etwa längere Öffnungszeiten in der Gemeindeverwaltung anbieten, dann sei das zwar nicht günstiger, aber unter Umständen eben besser.
(Quelle: Tagesanzeiger.ch/Newsnet)
Alle Schweizer AKW sind vom Netz
In der Nacht auf den Montag wurde das Kernkraftwerk Gösgen vom Netz genommen. Damit sind vorübergehend alle Schweizer AKWs ausser Betrieb.
Das AKW in Gösgen ist wegen einer Ursachenabklärung und der Reparatur einer Dampfleckage im nicht nuklearen Turbinenkreislauf vom Netz genommen worden. Dies teileten die Betreiber mit. Die Störung habe keine Auswirkungen auf die Umwelt gehabt.Um die Reparatur ausführen zu können, müsse der betroffene Anlagenteil freigeschaltet und abgekühlt werden, teilte die Kernkraftwerk Gösgen-Däniken AG am Sonntagabend mit. Nach der Reparatur und den entsprechenden Prüfungen werde das Kraftwerk die Produktion wieder aufnehmen.
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI und die Energiewirtschaft sind laut den Betreibern über die geplante Abstellung informiert worden.
Vier Monate in Revision
Seit Freitag produziert auch Block 2 des AKW Beznau im Kanton Aargau keinen Strom mehr. In einer vier Monate dauernden Revision soll unter anderem der Deckel des Reaktordruckbehälters ausgewechselt werden.
Der Block 1 ist bereits seit März abgestellt. Grund sind Unregelmässigkeiten im Material des Reaktordruckbehälters, die dank neuster Messtechnologie gefunden wurden.
Der Prüfkopf registrierte beim Abtasten des Reaktordruckbehälters an einigen Stellen Anzeigen, die auf Unregelmässigkeiten bei der Herstellung hinweisen. Der Betreiber Axpo reichte bei der ENSI einen vorläufigen Prüfbericht ein.
ENSI erwartet Bewertung der Axpo
Das ENSI erwartet nun von der Axpo eine Bewertung dieser Befunde. Der Bericht müsse aufzeigen, ob und wie der Reaktordruckbehälter durch die Befunde geschwächt werde und ob die Anforderungen des Regelwerks noch erfüllt seien.
Der Betrieb von Block 1 darf gemäss ENSI erst wieder aufgenommen werden, wenn die Sicherheit des Reaktordruckbehälters nachgewiesen ist. Dieser Block ist das älteste kommerziell betriebene AKW der Welt. Er ist seit September 1969 offiziell in Betrieb.
Weil auch das AKW Leibstadt und das Kernkraftwerk Mühleberg für die Jahresrevision vom Netz genommen wurden, wird in der Schweiz derzeit kein Strom aus Atomenergie produziert.
Quelle: Tages-Anzeiger 17.8.15 ee/sda
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