Der Roman «Eins im Andern» von Monique Schwitter ist mit dem Buchpreis ausgezeichnet worden. Keine Überraschung, aber ein Fest.
Und ganz ergriffen habe sie ein Hinweis von Jurorin Susanna Petrin: Diese habe mit Blick auf das Buch etwas entdeckt, was ihr, Schwitter, gar nicht gewusst war. Dass nämlich das Morsealphabet – mit dem der gekonnt gebaute Roman «Eins im Andern» spielt – zwischen den Wörtern «Leben» und «Lieben» nur zwei Punkte Unterschied kennt. Mit dieser Beobachtung hat Petrin einen wesentlichen Aspekt der «Memento-Mori»-summenden Schwitterschen Liebesrecherche buchstäblich auf den Punkt gebracht: einen Aspekt, der schon die Jury des Deutschen Buchpreises begeistert hatte – weshalb sie Schwitters zweiten Roman gleichfalls auf die Shortlist hob, auch wenn der Preis am Ende an Frank Witzel ging. Dem (wunderbaren) Entdecker und Verlagslektor Rainer Götz des feinen Grazer Literaturverlags Droschl schliesslich widmete die 43-jährige gebürtige Zürcherin und Wahl-Hamburgerin Schwitter ihren Preis.
Eine
rundum harmonische Preisübergabe, die bei den rund 400 Besuchern der
Veranstaltung keine Überraschung auslöste, genausowenig wie die
Laudatio, welche die «facettenreiche Darstellung einer Liebesbiographie –
kräftig, humorvoll und nachdenklich» pries. Im Grunde erfüllte die
Entscheidung, die 30 000 Franken Preisgeld Schwitter zuzusprechen, genau
jene Wünsche, die Jens Stocker, Mitinhaber der Basler Buchhandlung
Bider & Tanner, vorher im Gespräch mit der Moderatorin Luzia
Stettler, Literaturredaktorin SRF, angedeutet hatte: gerne einen
bekannten Namen und – nach den Preisträgern Ilma Rakusa (2009), Melinda
Nadj Abonji (2010) und Catalin Dorian Florescu (2011) – nicht unbedingt
einen «migrationslastigen» Titel. Die Shortlist 2015 sei diesbezüglich
mit ihren drei Migrationsbüchern ein wenig unausgewogen (Martin R. Dean:
«Verbeugung vor Spiegeln», Dana Grigorcea: «Das primäre Gefühl der
Schuldlosigkeit», Meral Kureyshi: «Elefanten im Garten»; sie erhielten,
wie auch Ruth Schweikert für ihren Roman «Wie wir älter werden», den
zweiten, mit 2500 Franken dotierten Preis).
Jury: kein herausragender Jahrgang
Umso spannender wars, wie Jurysprecherin Corina Caduff aus dem Nähkästchen plauderte: Die dreieinhalbstündige finale Sitzung habe völlig ergebnisoffen begonnen; man habe diskutiert, verworfen, von Neuem begonnen, gerungen. 2015 sei ja weder quantitativ noch qualitativ ein besonders herausragender Jahrgang gewesen. Man fragte sich an dieser Stelle freilich, ob der eine oder andere vielversprechende Titel womöglich gar nicht eingereicht worden war.
Wobei es zumindest aus der Statistik kleine Superlative zu vermelden gibt: 90 Titel wurden eingereicht, soviele wie noch nie (in den letzten fünf Jahren waren es im Durchschnitt knapp 80). Ein Rekördli ist auch die Teilnahme von 32 schweizerischen Verlagen (in den letzten 5 Jahren waren es durchschnittlich 25), während die Teilnahme deutscher Verlage sich tendenziell nach unten bewegt (heuer 13). Werden schweizerische Autoren in Deutschland derzeit eventuell weniger verlegt? Schön jedenfalls, dass der kleine österreichische Droschl-Verlag (es gab nur 6 austriakische Vertreter) bereits zum zweiten Mal in die Kränze gekommen ist. Alles in allem wars wirklich wunderbar.
Quelle: Tagesanzeiger.ch/Newsnet 9.11.15
Weitere Artikel siehe:
NZZ: http://www.nzz.ch/feuilleton/kraeftig-und-nachdenklich-1.18643240
Literaturnobelpreis: http://www.nzz.ch/feuilleton/swetlana-alexijewitsch-wird-ausgezeichnet-1.18626410
Alle Literaturpreise: https://de.wikipedia.org/wiki/Nobelpreis_f%C3%BCr_Literatur
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