Montag, 30. März 2015

Das BIP - im Film





Quelle: youtube

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Wo ist Schallgrenze für Franken?

Das Seco hat die BIP-Zahlen veröffentlicht. «Äusserst robust», lautet ein Kommentar. Die gleiche Analyse nennt auch eine Franken-Euro-Grenze, bei welcher der Export keinen «nachhaltigen Schaden nehme».

 

Das Rad der Schweizer Wirtschaft dreht sich mit ansprechendem Tempo: Produktion bei Alstom Schweiz in Birr.
Das Rad der Schweizer Wirtschaft dreht sich mit ansprechendem Tempo: Produktion bei Alstom Schweiz in Birr. Bild: Keystone

Das Wachstum der Schweizer Wirtschaft hat sich 2014 noch einmal beschleunigt. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) wuchs gemäss vorläufigen Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) um 2,0 Prozent. Im Jahr davor hatte das Wachstum 1,9 Prozent betragen. Auch im vierten Quartal legte die Wirtschaftsleistung zu. Das Wachstum betrug gegenüber dem Vorquartal 0,6 Prozent, wie das Seco am Dienstag mitteilte. Im Vergleich zum vierten Quartal des Jahres 2013 resultierte ein Plus von 1,9 Prozent.

Vor allem der private und öffentliche Konsum, sowie der Warenhandel hätten sich positiv auf das Wachstum der Schweizer Wirtschaft ausgewirkt, schrieb das Seco Die Investitionen und Dienstleistungen hätten dagegen keine Impulse gebracht. Aus Sicht der Produktion gingen die stärksten BIP-Wachstumsbeiträge vom verarbeitenden Gewerbe, den Finanzdienstleistungen, dem Grundstück- und Wohnungswesen sowie der öffentlichen Dienste aus. Negative Impulse kamen lediglich vom Baugewerbe sowie den Sektoren Verkehr/Lagerei und Information / Kommunikation.

Auf der Nachfrageseite des BIP hat sich vor allem die Handelsbilanz positiv auf das Wachstum ausgewirkt. Auch der private Konsum sowie der Waren und Dienstleistungsverkehr mit dem Ausland lieferte einen wichtigen Beitrag. Die VP-Bank schreibt dazu: «Im Industrieländervergleich schlug sich damit die eidgenössische Volkswirtschaft einmal mehr äusserst robust. Auch im Jahr 2014 notierte der Franken im historischen Vergleich gegenüber den wichtigsten Handelspartnern auf relativ festen Niveaus. Die Exportwirtschaft schlug sich dennoch relativ solide.»

Sollte sich der Franken gegenüber dem Euro auf den gegenwärtigen Niveaus von über 1.05 einpendeln, sei nicht davon auszugehen, «dass die eidgenössischen Ausfuhren nachhaltigen Schaden nehmen werden. Mit einer Rezession ist im laufenden Jahr deshalb nicht zu rechnen.» 

Quelle: Tages-Anzeiger  3.3.15

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Samstag, 21. März 2015

Sonnige Aussichten der Photovoltaik

Letzte Woche versammelte sich die Solar-Community in Basel und hielt die 13. Nationalen Photovoltaik-(PV)-Tage ab. Zu den High-Lights gehörten die Präsentation farbiger und sogar eines weissen Solarmoduls – und damit zusammenhängend die Aussicht, dass Solaranlagen nun endlich auch in Fassaden ihren Platz finden. Daneben gab es fast schon berauschende Zahlen zur weltweiten Solarentwicklung, für einmal sogar auch aus der Schweiz – und eine leise Enttäuschung bezüglich der hiesigen Industrie.

Built-In-Photovoltaic, schön englisch und noch schöner abgekürzt BIPV, nennt sich die neue Wunderdroge der solaren Wirtschaft. Denn nun sind die Module, aus denen sich eine Solaranlage zur Hauptsache zusammensetzt, fast schon unglaublich kostengünstig - nach einer Preissenkung um bis zu 80 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Was deren Einsatz nicht nur in besonders günstigen Lagen wirtschaftlich werden lässt. Also beispielsweise auch auf Giebeldächern, die gegen Westen und Osten ausgerichtet sind. Oder in vertikalen Fassaden an neuen und auch alten Gebäuden.

Von diesen Fassaden gibt es an Neubauten in der Schweiz gemäss einer Berechnung des Modulherstellers Megasol – eines der letzten in der Schweiz – rund 13,6 Millionen Quadratmeter, jährlich wohlgemerkt. Aufgrund einer konservativen Schätzung seitens Daniel Sägesser, Geschäftsleitungsmitglied bei Megasol, liessen sich jährlich Solaranlagen mit rund 83 Megawatt (MW) errichten – neben den PV-Einrichtungen auf Dächern aller Art, von denen vergangenes Jahr nach provisorischen Schätzungen eine Leistung von 320 Megawatt zugebaut wurde. Das beste an diesen Fassadenanlagen kommt aber noch: Weil sie nun – bei zwar geringerer Leistung – in allerlei verschiedenen Farben verfügbar sind, steht dem unscheinbaren Einsatz nichts mehr im Wege. Mit anderen Worten – Bauherren und ArchitektInnen können ganz nach ihrem Geschmack Gebäudefassaden errichten und sind nicht mehr durch das tiefe Schwarz oder das grelle Blau der bisher verfügbaren Module eingeschränkt. Der letzte Schrei ist dabei ein als Prototyp vorgestelltes weisses Solarmodul (siehe Bild).

Der Schritt zur gebäudeintegrierten Solartechnologie war nicht das einzig Aufsehen erregende Faktum der 13. Nationalen PV-Tage in Basel, die wiederum gegen 600 Fachleute aus dem In- und auch aus dem Ausland anzogen. So war es etwa die Magie der Zahlen, die aufhorchen liess. Zwar wird der inländische Zubau an Solarkapazität mit 320 MW nicht ganz die Rekordmarke des vorangegangenen Jahres erreichen (2013: 350 MW). Aber die Schweiz ist mit diesem Zubau nunmehr unter die Gigawatt-Nationen aufgestiegen. So viele Länder mit Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 1000 MW gibt es weltweit gar nicht. Dass die Hürde überschritten wurde, ist insofern bemerkenswert, weil ein grosses Atomkraftwerk wie etwa Gösgen auch rund 1000 MW leistet – diese allerdings mit nur wenigen Unterbrüchen während des ganzen Jahres. Die Leistung der Solaranlagen ist demgegnüber vom Sonnenschein abhängig und damit übers Jahr hinweg deutlich geringer (rund ein Achtel).

Wenn wir schon bei den Zahlen sind: Der Solarzubau pro Jahr und Person dürfte in der Schweiz fast weltmeisterliches Niveau erreichen (rund 40 Watt pro Person) und derzeit nur von Japan (rund 60 Watt und total neun Gigawatt) übertroffen werden – während gemäss diesem Kriterium Deutschland etwa zurück gefallen ist. Die aktivsten Zubaunationen wie China und USA (10 resp. 6 GW im Jahr 2014) liegen wegen der x-fach grösseren Bevölkerung weit hinter der Schweiz. 

Doch Zahlen sind nicht alles. So sorgte etwa das uneingeschränkte Bekenntnis von Walter Steinmann, Noch-Direktor des Bundesamts für Energie, zur Sonnenenergie für Aufsehen. Die Erkenntnis, dass Solarstrom schon bald – und nicht wie früher von Bundes-Bern angenommen, erst ab den Jahren 2035 oder gar 2050 – einen wesentlichen Beitrag zur schweizerischen Elektrizitätsversorgung ausmachen könnte, ist definitiv in der Schweizer Politik angekommen. Ob sie sich auch durchsetzen wird im politischen Kampf um die Energiestrategie 2050, zeigt bald die Debatte in der kleinen Parlamentskammer. Swissolar-Präsident Roger Nordmann (siehe Bild), seines Zeichens auch Waadtländer SP-Nationalrat, meinte in diesem Zusammenhang bedauernd, er sitze ja leider nicht im Ständerat.

Der Blick über die Grenze förderte insofern Erstaunliches zutage, als Harald Schützeichel  von der Stiftung Solarenergie darauf hinwies, dass einer der grössten Solarmärkte bei all den KleinverbraucherInnen in Asien und Afrika liegt, die noch über keinen Stromanschluss verfügen. Das Potential bezifferte er auf unglaubliche 136 Milliarden Franken (oder US-$, was heutzutage keinen Unterschied mehr macht). Als besonders vorteilhaft erachtet der Deutsche mit Firmensitz in Zürich auch, dass Solarlicht quasi als Nebenprodukt anderer Bedürfnisse viele Menschen der Länder im Süden erreicht. Dank neuer Bezahlmodelle auch zu erschwinglichen Bedingungen – etwa mittels monatlicher Ratenzahlungen per Handy, die nicht höher auszufallen brauchten als der Aufwand für die in vielerlei Hisicht schädlichen Petrollampen. Suntransfer, der kommerzielle Zweig von Schützeichels Organisation, ist bislang in Äthiopien, Kenia, den Philippinen und neu in Kambodscha tätig. Und ist damit auch nicht der einzige auf diesem Gebiet – für Schlagzeilen sorgt etwa «Little Sun», die Solarlampe des skandinavischen Allround-Künstlers Olafur Eliasson, die auch die Fondation Beyeler für 29 Franken vertreibt (Solidaritätsbeitrag inklusive) und die derzeit in weiten Teilen Afrikas Verbreitung findet.

Das war sonst noch an den diesjährigen PV-Tagen: Die Hoffnung zu erfahren, wer künftig für die Garantien der Pleite gegangenen Bieler Wechselrichterproduzentin Sputnik mit ihrer Solarmax-Gerätelinie gerade steht, wurde nicht erfüllt, entsprechende Informationen für den April in Aussicht gestellt. Nicht fehlen durften die Solar-Impulse-2-Piloten (im Bild André Borschberg), die sich mittels Video-Botschaft an die TagungsteilnehmerInnen wandten. Und zur Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik siehe den vorstehenden Artikel unter Solarmedia vom 16.3.15.

© Solarmedia / Text und Bild: Guntram Rehsche

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Montag, 9. März 2015

Flug nur mit Sonnenkraft um die Welt

Um 7.12 Uhr an diesem Montagmorgen war es soweit: Solar Impulse 2 hob in Abu Dhabi zur Weltumrundung ab. 

Montag, 2. März 2015

Neugierde & Lust an Provokation

Newsrooms als «Verrichtungsboxen» und «Diktatur der Reichweite»: Der Soziologe und Medienkritiker Kurt Imhof sah sich als Warner, der sich um den Zustand der Medien sorgt. 


Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass diese Stimme für immer verstummt ist: Kurt Imhof, Deuter der unterschiedlichsten Gesellschaftsphänomene, streitbarer und streitlustiger Experte, der Politik und Medien immer wieder den Spiegel vorgehalten hat. Noch letzten Dezember besuchte Imhof mit seinem Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft den Newsroom des «Tages-Anzeigers». Dem Besuch vorangegangen war eine typische imhofsche Provokation; er hatte Newsrooms öffentlich als «Verrichtungsboxen» bezeichnet, in denen mediales Kurzfutter hergestellt werde, und freute sich schelmisch über die dadurch entstandene Debatte. 

Gleichzeitig nahm er die Einladung, einen Newsroom zu besichtigen, umgehend an. Der Besuch mit folgender Blattkritik wurde zum Erfolg. Hier kam kein belehrender Theoretiker auf Visite. Sondern ein Medienfachmann, der begeistert war von seinem Forschungsgegenstand und ausgestattet mit der für unser Fach wichtigsten Voraussetzung – einer ungebändigten Neugierde.
Bei aller rhetorischen Gewandtheit, mit der Imhof Gesprächsrunden dominierte, war er ein sehr guter Zuhörer. 

So liess er sich die Abläufe und Umstände der Medienproduktion immer wieder erklären, wollte wissen, was die Bedingungen waren, unter denen ein Produkt entsteht. Das Produkt selbst bewertete er in seinem Jahrbuch «Qualität der Medien» – und sorgte damit reflexartig für Kritik aus der bewerteten Branche. Imhof wurde vorgeworfen, Gratismedien und Onlinejournalismus jeden Wert abzusprechen und einen überkommenen, an die Parteipresse früherer Jahre erinnernden Journalismus zu favorisieren.

Die perfekte Rolle
Tatsächlich mögen Imhof und sein Institut in den letzten Jahren ein gar düsteres Bild der Schweizer Medienlandschaft skizziert haben. Wer sich aber die Mühe machte, das umfangreiche und in seiner Art einzigartige Jahrbuch zu studieren, musste der wissenschaftlichen Arbeit Respekt zollen, auch wenn er nicht alle Befunde teilte. Bei der Präsentation des Jahrbuchs 2014 warnte Imhof letzten Oktober vor einer «Diktatur der Reichweite», die zu immer mehr Infotainment und weniger klassischen Nachrichten und Einordnungen führe. Imhof sah sich als Warner, der die staatspolitische Bedeutung der Medien beständig in Erinnerung rief und sich um deren Zustand sorgte. Dass er dieser Sorge mit seiner Lust an der Provokation und dem Hang zur verbalen Übertreibung Ausdruck verlieh, weckte aufseiten der Medien Abwehrreflexe: Anstatt sich inhaltlich mit Imhofs Befunden auseinanderzusetzen, taten sie diese zu oft als professoral oder weltfremd ab.

Wie wenig solche Zuordnungen zu Kurt Imhof passten, zeigt sein Lebenslauf. Aufgewachsen in bescheidenen Verhältnissen in Wollishofen, liess sich Imhof zum Hochbauzeichner ausbilden. Auf dem zweiten Bildungsweg holte er die Matura nach und begann mit 28 Jahren sein Studium der Geschichte, Soziologie und Philosophie an der Universität Zürich. Nach der Tätigkeit als Dozent an Fachhochschulen promovierte Imhof 1989 mit einer Arbeit über die «Diskontinuität der Moderne». Fortan wandte er sich der Analyse von Medienereignissen zu, forschte zum Medienwandel und habilitierte 1994 mit seiner Arbeit «Medienereignisse als Indikatoren sozialen Wandels. Ein Beitrag zu einer Phänomenologie der ‹öffentlichen Meinung›».

Imhof hatte sein Themenfeld gefunden, wurde zum Privatdozenten für Soziologie ernannt und gründete 1997 mit acht Mitarbeitern das Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (FÖG), das untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. Über die Arbeitsbedingungen am FÖG ranken sich Legenden: von hohem Leistungsdruck ist die Rede, von straffer Führung und Studenten, die ohne Aussicht auf eine eigene akademische Karriere der Institutsleitung zudienen mussten. Aber auch von kollegialem Umgang fern jeden professoralen Dünkels. Fakt ist, dass Imhof es schaffte, aus dem FÖG das wohl bekannteste universitäre Institut des Landes zu machen. Als assoziiertes Institut, das sich auch durch Forschungspartnerschaften und Stiftungsgelder finanziert, ist das FÖG mit seinen gut 40 Mitarbeitern auf Publizität angewiesen. Imhof, inzwischen ordentlicher Professor für Publizistikwissenschaft und Soziologie, schien diese Rolle auf den Leib geschrieben: Er wurde zum Dauergast in Talksendungen, zum Experten, den die Medien mit Vorliebe befragten. Denn Imhof hatte von Massenbesäufnissen bis zur Papstwahl zu allem eine Meinung, war permanent erreichbar und eloquent.

Flammender Appell
Der Soziologieprofessor war ebenso Beobachter wie Teilnehmer des öffentlichen Diskurses. Er wusste um seine öffentliche Wirkung, setzte auf nonchalante Kleidung und regelmässig auf ebensolche Sprache. Mit seinem auffälligen Lachen sorgte er für Heiterkeit in Diskussionsrunden. In der Sache aber war es Imhof ernst. So machte er mit bei Milo Raus «Prozess» gegen die «Weltwoche» im Theater Neumarkt. Er warf der Zeitung in einer leidenschaftlichen Rede vor, sie diffamiere, diskreditiere und diskriminiere unter dem Deckmantel der liberalen Werte einzelne Bürger, ganze Gruppen und zentrale Institutionen des Staats. Dennoch wäre es laut Imhof grundfalsch, eine solche Zeitschrift zu verbieten. Als einer der Ersten würde er dagegen auf die Barrikaden steigen, erklärte der sich zeitlebens der Aufklärung verpflichtete Medienkritiker.

Gemeinsam mit anderen Intellektuellen engagierte sich Imhof bis zuletzt im Club Helvétique, der am 1. August 2014 mit seinem Manifest «Für eine offene und humanitäre Schweiz» für Aufsehen sorgte. Das Manifest war ein flammender Appell, sich der Gründungsideale von 1848 zu besinnen, und eine Absage an Heimatverherrlichung und Fremdenfeindlichkeit. «Es gibt keine Zwangsläufigkeit in der Geschichte. Geschichte ist beeinflussbar. Doch setzt politisches Handeln eine Perspektive voraus», heisst es im Manifest, das unverkennbar Imhofs Handschrift trägt. In den letzten Monaten ist es ruhig geworden um Kurt Imhof. Im Dezember hatten die Ärzte bei ihm ein Krebsleiden diagnostiziert. Er habe in seinen letzten Mails noch energisch und eindrücklich betont, wie er gegen den Krebs ankämpfen wolle, sagte Imhofs Basler Kollege Ueli Mäder. Am Sonntagmorgen ist Kurt Imhof 59-jährig im Universitätsspital Zürich verstorben. 

Quelle: Tages-Anzeiger 2.3.15

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