Montag, 14. Dezember 2015

Geld aus dem Nichts - woher kommt es?

Schon nach der Grossen Depression in den 1930er-Jahren wollten Ökonomen unser Geldsystem generalüberholen – ohne Erfolg. Nun liefert die Finanzkrise Grund für einen neuen Anlauf.

Das Geldschöpfungsmonopol der Notenbanken ist auf das Bargeld beschränkt. Foto: Martin Rütschi (Keystone) Das Geldschöpfungsmonopol der Notenbanken ist auf das Bargeld beschränkt. Foto: Martin Rütschi (Keystone) 

Seit der Finanzkrise schlägt dem Geldsystem ein grundlegendes Misstrauen entgegen. Ein Ausdruck dieser internationalen Entwicklung ist die zustande gekommene Vollgeldinitiative: Morgen sollen 110'000 Unterschriften feierlich bei der Bundeskanzlei in Bern eingereicht werden. Bis 2008 galt es als unwahrscheinlich, dass das Finanzwesen selbst in wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern die ganze Weltwirtschaft an den Abgrund führen kann. Kein Wunder also, wird die Rolle des Geld- und Bankensystems heute sowohl in der ökonomischen Wissenschaft und in der Politik wie auch in der Öffentlichkeit viel intensiver diskutiert.

Das ist typisch für die Zeit nach wirtschaftlichen Schockerlebnissen. So sind auch die heutigen Notenbanken Kinder von Finanzkrisen, wie sie sich im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ereignet haben. Man wollte die Oberhoheit über die Geldausgabe einer staatlichen Institution unterstellen und diese mit einem Monopol für die Geldschöpfung ausstatten. Notenbanken konnten so mit frisch geschaffenem Geld für Beruhigung sorgen, wenn die Menschen den Banken plötzlich nicht mehr trauten, ihre Konten auf einen Schlag zu räumen suchten und damit das gesamte Finanzsystem ins Wanken brachten.

Geld aus dem Nichts
Trotzdem konnten die Notenbanken weder die Weltwirtschaftskrise noch die jüngste Finanzkrise verhindern. Es wurde umgekehrt sogar besonders deutlich, dass diese Institutionen die Geldmengensteuerung weit weniger im Griff haben, als das die gängigen Lehrbücher beschreiben. In der Praxis beschränkt sich das Geldschöpfungsmonopol der Notenbanken weitgehend auf das Bargeld. Buchgeld, das heisst elektronisches Geld, können die Banken selber sozusagen aus dem Nichts schaffen. 

Das tun sie, indem sie Kredite oder Hypotheken vergeben. Diese Kredite werden zu Bankeinlagen von Kunden: entweder indem die Banken ihren Kreditkunden das geliehene Geld direkt als Einlage gutschreiben oder indem die Kredite für Zahlungen genutzt werden, die zu Einlagen der Empfänger dieser Zahlungen werden. Angesichts der Geldschöpfung durch Bankkredite macht das Notenbankgeld immer nur einen Bruchteil des umlaufenden Geldes aus. Es besteht aus dem Bargeld und aus den Reserven, die die Banken bei der Notenbank halten müssen.

Schliesslich kann die Notenbank die beschriebene Schöpfung von Buchgeld via Kredite nur indirekt über ihre Leitzinsen steuern. Sie beeinflussen letztlich die Kosten für alle Ausleihungen. Werden Kredite teurer, werden sie weniger nachgefragt, und das Geldmengenwachstum nimmt ab.

Doch die Leitzinsen sind nicht der einzige Einflussfaktor bei der Kreditvergabe: Während einer allgemeinen Euphorie werden Kredite im Übermass nachgefragt und vergeben, was die Bildung von Preisblasen etwa an Immobilienmärkten (wie vor der Finanzkrise) befördert. In einer Depressionsphase wie in der Eurokrise fragen Unternehmen bei tristen Absatzerwartungen kaum Kredite nach, beziehungsweise Banken vergeben weniger Geld, weil sie mehr Zahlungsausfälle fürchten. 

Der «Chicago Plan»
Kreditzyklen tendieren dazu, das gesamte Wirtschaftssystem zu destabilisieren. Aus diesem Grund schlugen bereits nach der Grossen Depression in den USA in den 1930er-Jahren führende Ökonomen den «Chicago-Plan» vor: Sie wollten das auf Kredite – und damit letztlich auf Schulden – aufgebaute Geldsystem durch eines ersetzen, bei dem alles Buchgeld durch Reserven bei der Notenbank gedeckt ist. Die Banken hätten also Reserven in Höhe sämtlicher Kundeneinlagen bei der Notenbank hinterlegen müssen. So hätte der Einfluss der Banken auf die Geldmenge beschränkt und das Finanzwesen sicherer werden sollen. Umgesetzt wurde der Plan nie.

Die Idee des Vollgelds, wie sie jetzt durch eine Initiative umgesetzt werden soll, geht deutlich weiter: Demnach soll letztlich alles umlaufende Geld Notenbankgeld sein, wie das jetzt für das Bargeld zutrifft. Banken würden dann in ihrer Kreditvergabe durch das vorhandene von der Notenbank geschaffene Geld beschränkt. Damit erhält Letztere die vollständige Kontrolle über die Geldmengensteuerung. So sollen einerseits kreditgetriebene Blasen weniger wahrscheinlich werden, und andererseits besteht für Einlagen dann das Risiko nicht mehr, dass die Bank das Geld wegen Fehlinvestitionen nicht mehr zurückzahlen kann. Das gesamte Finanzsystem soll so stabiler werden. Für die Kreditvergabe wären die Banken dann auf speziell dafür bereitgestellte Spareinlagen und andere längerfristige Anlagen angewiesen.

Ein Grossteil der Kritik an der Vollgeldidee dreht sich um die praktische Umsetzung. Alleine die Umstellung könnte zu einer grossen Instabilität führen, sagen Kritiker. Wie zudem der Ökonom Mathias Binswanger in seinem Buch «Geld aus dem Nichts» festhält, kann sowohl mit einer 100-Prozent-Reserve-Lösung wie auch mit Vollgeld bestenfalls das Kreditvolumen besser kontrolliert werden, nicht aber die Art der Kredite. Der Umstand, dass der Anteil der Hypotheken unter den Krediten der Banken einen immer grösseren Anteil angenommen hat, hätte auch mit den entsprechenden Geldsystemen nicht verhindert werden können. Übertreibungen in diesem Bereich hatten aber einen wesentlichen Anteil an Finanzkrisen und am Zusammenbruch von Banken. Schliesslich bestehen auch bei einem Vollgeldsystem Möglichkeiten für Banken, die Einschränkungen mit finanziellen Innovationen zu umgehen. Die erhoffte Stabilität bliebe dann ein Wunschtraum. 

Die Macht der Notenbanker
Das grösste Problem dieser Reformideen orten Kritiker aber darin, dass sie den Notenbanken die komplette Dominanz über die Geldversorgung und damit eine gigantische Verantwortung für das gesamte Wirtschaftssystem übertragen. Gegen die Gewissheit, dass derart mächtige Notenbanker vor gefährlichen Fehleinschätzungen besser gefeit sind als ein dezentral organisiertes Bankensystem, spricht die historische Erfahrung. 

So sind sich die meisten Ökonomen darin einig, dass eine fehlgeleitete Politik der Chefs führender Notenbanken in den Jahren vor und zu Beginn der Grossen Depression in den 1930er-Jahren diese wesentlich verschlimmert hat. Und selbst jetzt gibt es unter Ökonomen eine intensive Debatte darüber, ob die Notenbanker in den letzten Jahren – etwa mit ihren umfassenden Geldspritzen – die beste Politik verfolgt haben, um aus der Krise zu kommen, oder ob sie für das Geschehene nicht sogar mitverantwortlich sind.

Quelle: Tages-Anzeiger 29.11.2015

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Sonntag, 13. Dezember 2015

Was ist Wirtschaft

Zehn (hoffentlich) klärende Aussagen - aber auch offene Fragen zum wirtschaftlichen ABC, zusammengestellt im Rahmen der Kurse zur Allgemeinbildung (ABU) von Kursleiter Guntram Rehsche:

  1. Wirtschaft oder wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Decken wirtschaftlicher Bedürfnisse - also der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.
  2. Entsprechend definiert sich die gesamtwirtschaftliche Leistung eines Landes, das sogenannte Brutto-Inland-Produkt (BIP) als Gesamtheit aller Güter und Dienstleistungen, die in diesem Land im Laufe eines Jahres erarbeitet werden.
  3. Wirtschaft ist aber auch eine soziale Veranstaltung, weil Menschen mit Menschen in Interaktion treten. Solcher Austausch soll zwar zum gegenseitigen Nutzen geschehen - ist aber nicht frei von Konflikten.
  4. Doch werden nicht nur Güter und Dienstleistungen ausgetauscht, sondern es kommt auch zu sozialen Beziehungen mit all ihren Facetten. Dies ist am offensichtlichsten, wo Arbeitskräfte sich in den Dienst von Unternehmen stellen und dafür ein Entgelt - den Lohn - erhalten.
  5. Womit die einfachste Form des wirtschaftlichen Kreislaufs beschrieben ist - jener nämlich, beim Arbeit gegen Geld getauscht wird und für dieses Geld die Entlohnten wiederum die Güter bei den Unternehmen beziehen.
  6. Um den Realitäten gerecht zu werden, muss diese einfachste Beschreibung des wirtschaftlichen Kreislaufs erweitert werden um das praktisch immer beteiligte Bankensystem mit der Notenbank an der Spitze, um den Staat, der reguliert und auch konkret eingreift und schliesslich um alle Wirtschaftsakteure, die ausserhalb des Landes angesiedelt sind und doch mit diesem in Verbindung treten, also vereinfacht gesagt das «Ausland».
  7. In der klassischen Wirtschaftstheorie mit diesem Kreislaufmodell bleiben Natur und Umwelt aussen vor. Aber auch sie gehören zu dazu, ist doch wirtschaftliche Tätigkeit ohne die Güter der Natur einerseits, ohne Beeinträchtigung der Umwelt andererseits kaum je denkbar. Die Idee vom ökologischen Fussabdruck beschreibt, dass Wirtschaften künftig je länger je mehr auf die Natur Rücksicht zu nehmen hat (etwa auch durch Einbezug von Kosten bei Naturverbrauch), um langfristig das Leben überhaupt zu bewahren - dabei ist auch von Nachhaltigkeit die Rede.
  8. Alle derart am Wirtschaftsgeschehen Beteiligten treffen mit ihren Angeboten und ihrer Nachfrage praktisch oder virtuell aufeinander. Dafür hat sich der Begriff des Marktes herausgebildet - weswegen auch häufig von Marktwirtschaft die Rede ist. Das Signal, nach welchem sich Anbieter und Nachfrager bezüglich ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit richten, sind die Preise. In einem - niemals vorhandenen - idealen Marktsystem sorgt der Gleichgewichtspreis dafür, dass sich Angebot und Nachfrage ausgleichen, also bei gegebenem Preis weder zuviel produziert wird noch auf Seiten der Nachfrager eine Versorgungslücke besteht, welche mit dem verfügbaren Einkommen eigentlich zu decken wäre.
  9. Für das Verständnis des Wirtschaftsablaufs ist hier auf Dreierlei hinzuweisen:
    1. Um den Ablauf aufrecht zu erhalten, benötigen die Entlohnten genügend Geld, um die Produkte der Unternehmen auch zu kaufen - mit anderen Worten braucht es für ein Güter- (oder Diensteistungs-) Angebot immer auch die entsprechende Nachfrage.
    2. Eine Wirtschaft ohne staatliche Regulierung kann es nicht geben. Sie würde schnell in ein unbeherrschbares Chaos abdriften. Weil aber selbst die Gesetzes des Staates (auch: die Rahmengesetzgebung) wegen Marktversagen nicht ausreicht, greift der Staat stärker ein, z.B. mit Verboten oder beteiligt sich unmittelbar als Akteur in der Form des Angebots oder der Nachfrage von Gütern und Dienstleistungen.
    3. Bei wirtschaftlicher Tätigkeit sind die Beteiligten kaum je gleich stark - sogenannte Marktmacht führt etwa zu einer Verzerrung des Preissystems im Sinne der Bevorzugung der Anbieter, die gegenüber einem reinen Marktsystem erhöhte Preise durchsetzen können. Eine weitere Verzerrung signalisiert die ungleiche Einkommensverteilung.
  10. Das derart beschriebene Wirtschaftsmodell steht offensichtlich nur begrenzt in Einklang mit den beobachtbaren Realitäten des Wirtschaftsgeschehens:
    1. Auf dem Arbeitsmarkt signalisieren Arbeitslosigkeit und vor allem überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen (bis zu 25 Jahre), dass dieser Markt dem Bedarf nach Beschäftigung und damit Einkommen nur beschränkt gerecht wird.
    2. Die Verteilung der Einkommen (gemessen etwa in gruppenweisen Anteilen am Gesamteinkommen oder dem Gini-Index) verändert sich im Zeitablauf - und hat insbesondere in den vergangenen Jahrzehnten eine (je nach Land unterschiedliche) wachsende Ungleichheit hervorgebracht.
    3. Je nach konjunktureller Lage und Tätigkeit der Noten- (oder Zentral-) Bank verändert sich das gesamthaft beobachtbare Preisniveau. Bei generell steigenden Preisen (und damit drohendem Verlust von Kaufkraft) ist von Inflation oder bei generell sinkenden Preisen von Deflation die Rede.  
    4. Vergleicht man Staaten miteinander, so zeigt sich, dass sie trotz mehr oder weniger gleichem Verständnis von Wirtschaftstätigkeit diese sehr unterschiedlich erfolgreich abwickeln.
    5. Insbesondere ergeben sich im Weltmassstab grosse materielle Reichtumsunterschiede, die sich belegen lassen sowohl durch die unterschiedliche Höhe des BIP wie auch durch weitergehende Masse zur Beschreibung eines breiter verstandenen Wohlstandsbegriffs, etwa den Human Development Index (HDI als Mix von BIP, Alphabetisierung und Lebenserwartung).         

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Klimagipfel war vor allem ein Solargipfel

Das Pariser Abkommen - so wird die Klimaschutzvereinbarung wohl in die Geschichtsbücher eingehen - ist vor allem ein Sieg der Anwendung der Solarenergie! Denn wie soll der Ausstieg aus der fossilen und nuklearen Energieerzeugung anders bewerkstelligt werden, wenn nicht mit solarer Energieerzeugung. Die Konferenz von Paris gab schon einmal einen Vorgeschmack auf das, was da kommt. 






Von oben nach unten: Mobile Solaranlage von Ikea auf den Champs Elyssée, Solarbaum und Solarblume vor dem Pariser Rathaus, Rathaus Montreuil mit Bürgerveranstaltung, Velostation vor der Hôtel de Ville Ausstellung im Zentrum von Paris, Abschluss-Kundgebung der Umweltorganisationen mit roten Schirmen auf den Champs Elyssée - Bilder: Guntram Rehsche - zuunterst: Agentur.

 




Das Faktum steht nicht im Vordergrund der abschliessenden Beurteilung des Pariser Abkommens. Und doch kommt man nicht umhin, die Nutzung der solaren Energieerzeugug als die heimliche Siegerin der zweiwöchigen Verhandlungen in der französischen Hauptstadt zu sehen. Das machte schon ein Augenschein in der Kapitale zu Beginn der abgelaufenen Woche klar - einer Weltstadt, die noch kurz zuvor wegen der tragischen Anschläge im Mittelpunkt des Weltinteresses gestanden war.  

So ist es vielleicht wirklich das Terrordrama, das die Verhandlungen in Paris beflügelte – um sich endlich an einer positiven Entwicklung zu erfreuen. Selbst wer einfach so zu einem touristischen Besuch nach Paris kam, merkte spätestens beim Flanieren auf dem Weihnachtsmarkt auf den Champs Elysse, dass die Erneuerbaren Energien und insbesondere die Solarenergie Paris in Beschlag genommen hatten. Das schwedische Möbelhaus, das in letzter Zeit sowieso energisch vorwärts macht mit Solaranlagen und solarer Selbstversorgung, hat etwa eine mobile Anlage zur Versorgung des Weihnachtsmarkts errichtet – und das in nicht kleinlichem Ausmass mit über 440 Modulen (siehe Bilder oben).

Solare Energieerzeugung war auch sehr präsent an den unzähligen Einzelveranstaltungen in und um Paris, die den Klimagipfel - kurz auch Cop21 genannt) - begleiteten. So richteten etwa die Vorstädte Montreuil und Vincennes eigene Grossveranstaltungen aus, die den BürgerInnen die Energiewende näher bringen sollten. Man stelle sich einmal vor, in Zürich fände eine Klimaveranstaltung statt - und Schlieren oder Wetzikon würden diese mit eigenen Initiativen in grossem Stil ergänzen.... Paris war also wirklich erfasst von diesem Klimagipfel - und das Ergebnis muss wohl jene ins Sinnieren bringen, die rein gar nichts von solchen Grossveranstaltungen halten. Hier zur Erinnerung und in Stichworten, was mit dem Pariser Abkommen, beschlossen oder auch nur angedacht wurde:
  • Die Weltgemeinschaft möchte die Erwärmung deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum Ende des 19. Jahrhunderts halten; Ohne eine Erwähnung des 1,5-Grad-Ziels wollten Inselstaaten den Klimavertrag erst gar nicht unterzeichnen. 
  • Der Höhepunkt der CO2-Emissionen soll so schnell wie möglich erreicht werden, heißt es im Vertrag.
  • Alle fünf Jahre sollen die Staaten neue Ziele für die Eindämmung ihrer Treibhausgasemissionen verkünden. Das Prinzip des Fortschritts wurde verankert.
  • Die Staaten erkennen die Bedeutung von Verlusten und Schäden an, die durch den Klimawandel entstanden sind.  
  • 100 Milliarden Dollar pro Jahr sollen die alten Industriestaaten ab 2020 zur Verfügung stellen, um vom Klimawandel bedrohte Regionen abzusichern und ihre Energieversorgung umzustellen.
  • Für alle Länder sollen gleiche Standards gelten bei der Berichterstattung über ihren Treibhausgasausstoß. Strenge Kontrollpflichten wurden nicht auferlegt. Viele Staaten weigerten sich, sie fürchteten Eingriffe in ihre staatliche Hoheit. 2020 sollen die Staaten neue Ziele für ihren Treibhausgasausstoß vorlegen, alle fünf Jahre sollen sie möglichst verschärft werden.
  • Eine ausführlichere Darstellung der Ziele hier unter Spiegel Online.

Das Klimaschutzabkommen ist damit ein Signal an die Welt: Die globale Energieversorgung muss mittelfristig ohne Kohle, Öl und Gas auskommen, weil sonst das 2-Grad-Ziel und damit verbunden die Klimaneutralität in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht erreichen werden kann. Und damit wird auch klar: Die Erneuerbaren Energien werden eigentlich gerade jetzt einen Siegeszug antreten, der die bislang durchaus schon erreichten Ziele weit in den Schatten stellen wird. Zur Erinnerung: Es ist noch nicht allzulange her, da machte man sich fast lächerlich, wenn man den Ersatz der fossilen und nuklearen Energien durch 100 Prozent Erneuerbare forderte – heute ist das nun Allgemeingut. 

Signalisiert wurde das etwa durch die Gründung des Global Solar Council sind bereits 17 internationale Solarverbände beigetreten, darunter Solar Power Europe, SEIA, MESIA und der deutsche Bundesverband Solarwirtschaft. Der GSC-Vorsitzende Bruce Douglas erklärte, dass der Global Solar Council hofft, künftig auch mit der International Solar Allianz zusammenzuarbeiten, die unter anderem vom indischen Ministerpräsident Narenda Modi unterstützt wird. Dann könne man sich gemeinsam dafür einsetzen, dass Solarenergie „weltweit zur Hauptquelle für die Stromerzeugung“ wird. Diese Aussage wurde durch die Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding zwischen GSC und der sogenannten Terrawatt Initiative gestärkt. Die Terrawatt Initiative ist ein Programm der International Solar Allianz mit dem Ziel, bis zum Jahr 2030 weltweit eine zusätzliche Photovoltaik-Leistung von einem Terrawatt zu errichten. Dazu passte, dass just während der Pariser Konferenz die französische Regierung die Gewinner ihrer jüngsten Photovoltaik-Ausschreibung mit einem Gesamtvolumen von 800 Megawatt Leistung bekannt gab. Teilnehmen konnten Projekte mit einer Leistung von mehr als 250 Kilowatt. Die Preise liegen je nach Anlagentyp zwischen 8,02 und 13,4 Eurocent pro Kilowattstunde. Siehe dazu auch pv-magazine.de.

Text und Bild: Guntram Rehsche, solarmedia.blogspot.ch

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Sonntag, 6. Dezember 2015

Damit Finanzielles nach Plan läuft

Budgetberatung
Häufig werden die steuerlichen Abgaben nicht ins Budget einkalkuliert, und so fehlt es unter Umständen an Flüssigem, um die Steuern pünktlich zu zahlen.

 

 

 

 

 

 

Schlaflose Nächte wegen Rechnungen und Kreditschulden müssen nicht sein. Ein ehrliches Haushaltsbudget und unsere Budget-Tabelle helfen, die Finanzen in den Griff zu bekommen.

Wissen Sie, welches die grössten Ausgabenpositionen in Ihrem Haushalt sind? Wahrscheinlich geht es Ihnen wie den meisten in der Schweiz: Versicherungen, Wohnkosten sowie Steuern sind am teuersten – in dieser Reihenfolge. Zusammen machen sie gut die Hälfte der Haushaltskosten aus.
Damit Sie für Ihre Budgetplanung gewappnet sind, sollten Sie ein bisschen Zahlenakrobatik betreiben. Ausgehend von einem statistischen Durchschnittshaushalt von 2,23 Personen, hat die Haushaltsbudget-Erhebung des Bundesamts für Statistik (BFS) folgende Angaben ermittelt:
  • Für Versicherungen, inklusive Krankenkasse und Beiträge an die Sozialversicherungen, gibt ein Durchschnittshaushalt jeden Monat rund 1700 Franken oder 20'400 Franken im Jahr aus.
  • Das Wohnen ist der zweitgrösste Budgetposten: Gemäss BFS-Berechnungen belaufen sich die Ausgaben im Schnitt auf rund 1400 Franken pro Monat und Haushalt. Mietern wird dieser Wert erstaunlich tief erscheinen. Der Grund: Die Besitzer von Wohneigentum drücken den Durchschnitt.
  • Vorsicht, Steuern! In eine seriöse Budgetplanung gehören natürlich auch die steuerlichen Abgaben. Häufig wird dieser Ausgabenposten jedoch nicht einkalkuliert, und so fehlt es unter Umständen an Flüssigem, um die Steuern pünktlich zu zahlen. Entnehmen Sie Ihrer letzten Steuerrechnung, welche Kosten voraussichtlich auf Sie zukommen.
Hinzu kommen Ausgaben zum Beispiel für Essen, Mobilität, Ferien, Weiterbildung, Zahnarzt, Haustiere und Restaurantbesuche. Nur die individuelle Berechnung für Ihren Haushalt zeigt verlässlich, wie viel Sie in den Sparstrumpf stecken können beziehungsweise wie gross das Loch in Ihrer Brieftasche ist. Um ein Budget ins Lot zu bringen, gibt es zwei Strategien: Einnahmen maximieren oder Ausgaben minimieren. Kluge Budgetierer tun beides.

Quelle: Beobachter 17.11.15 
>>> mit Excel-Tabelle zum Runterladen 

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Montag, 30. November 2015

So viel gaben die Parteien pro Stimme aus


Die Zuercher FDP-Nationalratskandidatin Regine Sauer strahlt in ihrem Walkampffahrzeug beim Wahlauftakt der FDP des Kanton Zuerich in Dietlikon am Mittwoch, 26. August 2015. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Buhlen um jede Stimme: Die Zücher FDP-Nationalratskandidatin Regine Sauter strahlt in ihrem Walkampffahrzeug in Dietlikon. Foto: Keystone

Die FDP liess sich den Wahlkampf 2015 einiges mehr kosten als noch vor vier Jahren. Insgesamt gab die Partei über 9 Millionen Franken für Werbung aus. 2011 waren es 8,2 Millionen gewesen. Dies zeigen Zahlen, die SRF anhand von Angaben des Marktforschungsinstituts Media Focus publiziert hat. Der finanzielle Mehraufwand hat sich ausgezahlt: Die Freisinnigen konnten ihren jahrelangen Abwärtstrend bei den eidgenössischen Wahlen stoppen und um 1,3 Prozent zulegen – allerdings zu einem hohen Preis. Fast 22 Franken kostete sie eine Wählerstimme. Damit gab die FDP im Verhältnis klar mehr aus als die anderen Parteien.

 Vergrössern mit Klick auf Grafik!

Die Kosten pro Stimme lassen sich anhand der Werbeausgaben der Parteien und der Anzahl Wählender ermitteln, die sie für sich mobilisieren konnten. Angaben zu Letzteren hat das Bundesamt für Statistik auf Anfrage des Datenblogs berechnet. Demnach hat die SVP mit gut 14 Franken am zweitmeisten ausgegeben, die CVP investierte gut 11 Franken für eine Stimme und landet auf Platz drei. Macht man diese Kosten-Nutzen-Rechnung, schneidet die FDP im diesjährigen Wahlkampf am schlechtesten ab – und das, obwohl sie mit gut 9 Millionen Franken nicht einmal am meisten für Reklame aufwendete.

Die SVP hat wie vor vier Jahren den teuersten Wahlkampf aller Parteien geführt: 10,6 Millionen Franken investierte sie in Print-, Internet- und Plakatreklame. Im Gegensatz zur FDP, die ihre Werbeausgaben erhöhte, gab die SVP im Vergleich zu 2011 allerdings fast 2 Millionen weniger aus und konnte bei den Wähleranteilen (+2,8 Prozent) dennoch mehr zulegen als die Freisinnigen. Folglich war eine Stimme für die Gewinnerin der Wahlen 2015 weniger teuer.

Auch SP und CVP haben ihre Wahlkampfmittel im Vergleich zu 2011 gekürzt – mit unterschiedlichen Auswirkungen. Die Sozialdemokraten konnten trotz Sparkurs leicht zulegen (+0,1 Prozent). Sie setzten heuer auf eine unkonventionelle Telefonkampagne im Stil von US-Wahlkämpfen an. Diese kostete im Gegensatz zu Print-, Internet- und Plakatreklame nichts, weshalb die SP mit gut 5 Franken vergleichsweise sehr wenig pro Stimme ausgab. Die Christdemokraten hingegen wurden dafür bestraft, dass sie 1,6 Millionen Franken bei der Werbung sparten. Sie büssten 0,7 Prozent Wähleranteile ein und konnten ihre Talfahrt bei eidgenössischen Wahlen nicht stoppen.

Die anderen Mitteparteien gehören ebenfalls zu den Verlierern, auch bezüglich der Kosten-Nutzen-Rechnung. BDP und besonders GLP haben sich den Wahlkampf 2015 deutlich mehr kosten lassen als denjenigen im Jahr 2011, als beide zu den Gewinnern gehörten. Die Grünliberalen beispielsweise erhöhten ihr Werbebudget um 60 Prozent – deutlich mehr als alle anderen Parteien. Dennoch verloren sie wie auch die BDP Wähleranteile. Dasselbe gilt für die Grünen, die am wenigsten Geld für Werbemassnahmen aufwendeten.

Quelle: Tages-Anzeiger 25.11.15

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Die drei Bundesratskandidaten

Thomas Aeschi, 36

Nationalrat Kanton Zug, Strategieberater, Ökonom. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Nationalrat Kanton Zug, Strategieberater, Ökonom. (Bild: Simon Tanner / NZZ)



Was für ihn spricht: Ist Deutschschweizer.  Hat sich innert kurzer Zeit einen Namen als fleissiger Schaffer gemacht. Gilt als politisches Talent. Findet schnell einen Draht zu seinen Gesprächspartnern.
Was gegen ihn spricht: Wenig zivile Führungserfahrung. Gilt als dossierfest, aber wenig entscheidungsfreudig. Seine engen Kontakte zu Christoph Blocher wirken für viele abschreckend. Seine berufliche Tätigkeit wirft Fragen auf.
Was seine Wahl bedeuten würde: Ein Vertreter der neuen SVP, die sich konziliant im Ton, aber hart in der Sache gibt, zöge in den Bundesrat ein. Die SVP-Zentrale würde einen direkten Draht in die Landesregierung erhalten.
Von wem er Stimmen erhalten wird: SVPler des inneren Zirkels, Zentralschweizer Parlamentarier, Romands und Tessiner, die sich selbst Chancen ausrechnen, zu einem späteren Zeitpunkt Bundesrat zu werden. 

Guy Parmelin, 56

Nationalrat Kanton Waadt, Weinbauer. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Nationalrat Kanton Waadt, Weinbauer. (Bild: Simon Tanner / NZZ)


Was für ihn spricht: Gilt als dossierfest, umgänglich und kollegial. Verfügt über eine langjährige Erfahrung als Nationalrat. Steht Christoph Blocher nicht sonderlich nahe.
Was gegen ihn spricht: Hat kaum Führungserfahrung vorzuweisen und gehört innerhalb der SVP nicht zu den tonangebenden Stimmen. Wirkt eher hinter den Kulissen als an der Front.
Was seine Wahl bedeuten würde: Die französischsprachige Schweiz wäre mit drei Bundesräten in der Landesregierung (über)vertreten. Ein SVP-Mann alter Schule - ohne direkten Draht zur Parteizentrale - würde zum Bundesrat gewählt.
Von wem er Stimmen erhalten wird: Von vielen Romands, von linken Parlamentariern, von Bauern und von Leuten, welche die SVP in der Westschweiz besser verankern möchten.

Norman Gobbi, 38

Tessiner Regierungspräsident (Lega), Justiz- und Polizeidirektor, Kommunikationsfachmann (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Tessiner Regierungspräsident (Lega), Justiz- und Polizeidirektor, Kommunikationsfachmann (Bild: Simon Tanner / NZZ)


Was für ihn spricht: Kandidat der italienischen Schweiz, die nach 16 Jahren wieder einen Vertreter im Bundesrat hätte. Gilt als glaubwürdiger und effizienter Staatsmann. Setzt sich für allgemeine Werte im Sinne der SVP Schweiz ein.
Was gegen ihn spricht: Vertritt keinen genügend grossen Teil der Schweizer Bevölkerung. Wurde erst kürzlich von der SVP Schweiz «adoptiert»; rechtspopulistischer Hintergrund und erklärter Blocherianer. Würde die Schweiz gegen aussen nicht im günstigsten Licht repräsentieren.
Was seine Wahl bedeuten würde: Die EU-kritische Phalanx würde gestärkt. Dank seiner Muttersprache Italienisch könnte er viel zur Annäherung an Italien beitragen. Gobbi würde sich für einen Ausbau des Sicherheitsapparats einsetzen und zu sozialpolitischen Positionen neigen, die nicht auf der SVP-Linie liegen.
Von wem er Stimmen erhalten wird: Von der Mehrheit der Tessiner, weil die Sehnsucht nach einem eigenen Bundesrat wieder deutlich aufflammt. Von den Romands wohl kaum, und in Bezug auf Deutschschweizer SVP-Kreise besteht keine eindeutige Tendenz.

Legislatur der knappen Mehrheiten

Sozialstaat- und Umweltanliegen dürften es im neuen Parlament schwerer haben. Eine konservative Wende zeichnet sich nicht ab. 


Das Parlament mag zwar nach rechts gerückt sein. Dass seine Entscheide in Zukunft konservativer ausfallen, ist dagegen nicht zu erwarten. Foto: Keystone

Das Parlament mag zwar nach rechts gerückt sein. Dass seine Entscheide in Zukunft konservativer ausfallen, ist dagegen nicht zu erwarten. Foto: Keystone

Seit dem vergangenen Sonntag ist die neue Bundesversammlung komplett. Damit lassen sich auch die politischen Profile der beiden Räte verlässlich vergleichen: Bei welchen Themen besteht Einigkeit, wo liegt Konfliktpotenzial, und wie ist die Entwicklung seit den Wahlen von 2011 einzuschätzen? Bisherige Einordnungen der Wahlergebnisse vom Oktober haben den Ständerat zumeist ausser Acht gelassen. Einerseits sind mehr als ein Drittel der Sitze zunächst unbesetzt geblieben. Anderseits geniessen die Ständeratsmitglieder aufgrund der Majorzwahl oft eine erhöhte Unabhängigkeit von ihrer Parteiführung. So fällt denn auch das Wahlergebnis bei der kleinen Kammer weniger eindeutig aus als beim Nationalrat: Zwar hat ebenfalls eine Stärkung rechtsbürgerlicher Parteien stattgefunden, anders als im Nationalrat sind diese jedoch weit von einer Mehrheit entfernt.
Eine rein parteiarithmetische Sichtweise ist aber ohnehin unsinnig. Etliche CVP-Ständeräte, so zum Beispiel die beiden Walliser, sind deutlich rechtsbürgerlich positioniert. Demgegenüber finden sich in der FDP zwei Linksfreisinnige aus der Romandie. Bekannt ist auch, dass die SP-Politiker Claude Janiak, Daniel Jositsch und Pascale Bruderer nicht immer der Parteilinie folgen. Gleiches gilt für einige SVP-Ständeräte. Der Schaffhauser Thomas Minder schliesslich, obwohl Teil der SVP-Fraktion, agiert autonom. Mit dem parteipolitischen Zählrahmen ist das Profil des Ständerats also nicht zu erfassen.

Konflikte zwischen den Räten
Ein realitätsnahes Bild ergeben daher einzig die konkreten politischen Positionsbezüge. Um herauszufinden, ob der neue Ständerat den Positionen des Nationalrats folgt oder vermehrt sein eigenes Süppchen kocht, bieten die Antworten der gewählten Parlamentarier auf die 75 Fragen der Online-Wahlhilfe Smartvote eine gute Datenbasis.

Die Auswertung belegt: Die voraussichtlichen Mehrheitspositionen im National- und im Ständerat unterscheiden sich nur bei acht Smartvote-Fragen. Allein diese Zahl verdeutlicht, dass ernsthafte Blockaden zwischen den Kammern kaum zum Alltag der kommenden Legislatur gehören werden. Relevanter als die blosse Anzahl ist die politische Bedeutung der Themen, bei denen Differenzen zutage treten. So wird etwa bei folgenden wichtigen Fragen wahrscheinlich Uneinigkeit bestehen:
Erhöhung des Rentenalters: Die Befürworter einer Erhöhung haben im Nationalrat eine eher knappe Mehrheit, während im Ständerat ein Nein resultiert. Die Chancen, dass der Ständerat der Rentenaltererhöhung im Rahmen ­einer Paketlösung bei der AHV-Reform zustimmt, sind indes intakt. Die kleine Kammer befindet sich somit in einer guten Position, um bei der Ausgestaltung dieser Paketlösung ihren Stempel aufzudrücken.

  • Steuersenkungen: Eine ebenfalls relativ knappe Mehrheit unter den Nationalratsmitgliedern befürwortet Steuersenkungen auf Bundesebene. Im Ständerat sind die Vorzeichen umgekehrt. Spürbare Steuerentlastungen dürften es auch wegen der düsteren finanziellen Aussichten des Bundes für die nächsten Jahre eher schwer haben.
  • Liberalisierung der Geschäftsöffnungszeiten: Eine Deregulierung der Ladenöffnungszeiten ist im Nationalrat mehrheitsfähig, im Ständerat hingegen ist diese kaum durchzubringen. Der Nationalrat dürfte daher die hängige Vorlage zur teilweisen Liberalisierung annehmen, der Ständerat zum wiederholten Male ablehnen.
  • Verschärfung des Jugendstrafrechts: Eine knappe Mehrheit der grossen Kammer würde längere Haftstrafen in geschlossenen Anstalten für jugendliche Straftäter befürworten. Eine ebenso knappe Mehrheit im Ständerat lehnt dies ab. Wie sich das Parlament im konkreten Fall entscheiden würde, ist daher völlig offen.
  • Akzentverschiebung nach rechts
  • Aufschlussreich ist zudem der Vergleich mit den vorletzten Wahlen von 2011. Aufgrund der Auswertung der damaligen Smartvote-Antworten waren 2011 beide Räte noch klar gegen eine Rentenaltererhöhung. Auch Forderungen nach Steuersenkungen auf Bundesebene oder für eine Verschärfung des Jugendstrafrechts verfügten in keiner der beiden Kammern über eine Mehrheit. Sozial­staats- und Umweltschutzanliegen werden es im neuen Parlament schwerer haben als bisher; dies zeigt sich unter anderem daran, dass sich die im Ständerat 2011 noch mögliche Mehrheit zugunsten einer Einführung von Familien-Ergänzungsleistungen inzwischen verflüchtigt hat.
  • Die politische Verschiebung im Nationalrat zeigt sich auch am Beispiel der Schutzbestimmungen für Grossraubtiere. Nach den vorletzten Wahlen war die grosse Kammer gemäss Smartvote-Antworten noch mehrheitlich gegen eine Aufweichung. Nach den Wahlen 2015 spricht sich in beiden Räten eine Mehrheit dafür aus.
Bilaterale haben weiter Vorrang
Insgesamt betrachtet, dürfte es speziell im Nationalrat erneut eine Legislatur der knappen Mehrheiten werden – diesmal mit leichten Vorteilen für Mitte-rechts. Das Parlament mag zwar nach rechts gerückt sein. Dass seine Entscheide in Zukunft konservativer ausfallen, ist dagegen nicht zu erwarten. Dies zeigt sich bei gesellschaftspolitischen Themen, aber auch bei solchen mit aussen- und migrationspolitischem Bezug. So haben Erleichterungen bei der Einbürgerung von Ausländern der dritten Generation in beiden Räten gute Chancen. Auch die vermehrte Aufnahme von Kontingentsflüchtlingen findet im Ständerat eine relativ klare Mehrheit, die grosse Kammer lehnt sie nur noch knapp ab. Beim Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare und der aktiven Sterbehilfe ist im Vergleich zu 2011 zumindest eine deutliche Tendenz zu gesellschaftsliberaleren Haltungen erkennbar. 

Eine klare Kante zeigt das Parlament in den aussenpolitischen Schicksalsfragen der nächsten Jahre: Der Vorrang der Europäischen Menschenrechtskonvention, das Schengen-Abkommen und die Priorität der Bilateralen gegenüber der strikten Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative sind im National- und Ständerat nach wie vor unbestritten. 

* Daniel Schwarz ist Co-Projektleiter der Wahlplattform Smartvote. Die Studie basiert auf den politischen Profilen von 188 Nationalrats- und 41 Ständeratsmitgliedern. Fehlende Profile wurden durch den Mittelwert der jeweiligen Fraktion ersetzt.
 
Quelle: Tages-Anzeiger 23.11.15

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Sonntag, 15. November 2015

Abschluss VA - Präsentationen - Tipps

Die Präsentationen der Vertiefungsarbeit finden - in Anwesenheit aller KursteilnehmerInnen und der Kursleitung, aber ohne Externe - statt am 23. November 2015. Tipps / Zeitplan / Bewertung:
  • Tipps zur Präsentation
    • Vortrag soll rund zehn Minuten dauern, anschliessend Rückfragen Kursleitung und Diskussion mit KursteilnehmerInnen (eine/ein KoreferentIn) - 15 bis 20 Minuten insgesamt.
    • Vorbereitung: Präsentation ein- bis mehrmals zuhause oder vor dem Spiegel / mit Videoaufnahme / im Wald (!) üben - auch zur Abschätzung des Zeitbedarfs!
    • Begleitmedien verwenden wie: 
      • Power-Point-Präsentation (auf UBS-Stick mitbringen) 
      • Folien (mitbringen) zur Projektion am Hellraumprojektor - Filzstifte sind vorhanden
      • vorbereitete Flip-Charts (oder erstellen während der Präsentation) 
      • weitere Illustrationsmaterialien wie grossformatige Fotos, Gegenstände zum Rumreichen etc.
      • beispielhafte Handlungen in Zusammenhang mit Thema (wie Halsmassage) vorzeigen.
      • Eigene Ideen nach Belieben
    • Nicht vergessen: Sprechen mit Blickkontakt zu Zuhörerschaft, nicht ablesen (nur Stichworte vormerken), Mut zur Pause 
    • Bewertung gemäss Schema in Wegleitung resp. siehe hier >>>
  • Reihenfolge am 23. November (ab 13.30h)
    • xxxx
    • Bewertung




      Quelle: Wegleitung zur Vertiefungsarbeit S. 13 & 14 


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Montag, 9. November 2015

Rund um Literaturpreise - nach Verleihung des schweizerischen

Der Roman «Eins im Andern» von Monique Schwitter ist mit dem Buchpreis ausgezeichnet worden. Keine Überraschung, aber ein Fest.

 

Bevor die Jury entschied, wurde dreieinhalb Stunden diskutiert: Die Gewinnerin des Schweizer Buchpreises 2015, Monique Schwitter. (28. August 2015)

Bevor die Jury entschied, wurde dreieinhalb Stunden diskutiert: Die Gewinnerin des Schweizer Buchpreises 2015, Monique Schwitter. (28. August 2015) Bild: Christian Beutler/Keystone

«Wunderbar!»: Das war das Wort, das der völlig überwältigten Trägerin des Schweizer Buchpreises 2015, Monique Schwitter. So wunderbar sei die Musik des Streichtrios gewesen, dass sie während der angespannten Stunde von 11 Uhr bis zwölf Uhr fast vergessen habe, wieso sie da eigentlich im Foyer des Theaters Basels sitze. Wunderbar sei zudem die spürbare Wertschätzung von Literatur gewesen, die aus der Würdigung jedes einzelnen Buchs gesprochen habe; wunderbar seien natürlich die nominierten vier Kollegen, vor denen sie sich verbeuge.

Und ganz ergriffen habe sie ein Hinweis von Jurorin Susanna Petrin: Diese habe mit Blick auf das Buch etwas entdeckt, was ihr, Schwitter, gar nicht gewusst war. Dass nämlich das Morsealphabet – mit dem der gekonnt gebaute Roman «Eins im Andern» spielt – zwischen den Wörtern «Leben» und «Lieben» nur zwei Punkte Unterschied kennt. Mit dieser Beobachtung hat Petrin einen wesentlichen Aspekt der «Memento-Mori»-summenden Schwitterschen Liebesrecherche buchstäblich auf den Punkt gebracht: einen Aspekt, der schon die Jury des Deutschen Buchpreises begeistert hatte – weshalb sie Schwitters zweiten Roman gleichfalls auf die Shortlist hob, auch wenn der Preis am Ende an Frank Witzel ging. Dem (wunderbaren) Entdecker und Verlagslektor Rainer Götz des feinen Grazer Literaturverlags Droschl schliesslich widmete die 43-jährige gebürtige Zürcherin und Wahl-Hamburgerin Schwitter ihren Preis.

Eine rundum harmonische Preisübergabe, die bei den rund 400 Besuchern der Veranstaltung keine Überraschung auslöste, genausowenig wie die Laudatio, welche die «facettenreiche Darstellung einer Liebesbiographie – kräftig, humorvoll und nachdenklich» pries. Im Grunde erfüllte die Entscheidung, die 30 000 Franken Preisgeld Schwitter zuzusprechen, genau jene Wünsche, die Jens Stocker, Mitinhaber der Basler Buchhandlung Bider & Tanner, vorher im Gespräch mit der Moderatorin Luzia Stettler, Literaturredaktorin SRF, angedeutet hatte: gerne einen bekannten Namen und – nach den Preisträgern Ilma Rakusa (2009), Melinda Nadj Abonji (2010) und Catalin Dorian Florescu (2011) – nicht unbedingt einen «migrationslastigen» Titel. Die Shortlist 2015 sei diesbezüglich mit ihren drei Migrationsbüchern ein wenig unausgewogen (Martin R. Dean: «Verbeugung vor Spiegeln», Dana Grigorcea: «Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit», Meral Kureyshi: «Elefanten im Garten»; sie erhielten, wie auch Ruth Schweikert für ihren Roman «Wie wir älter werden», den zweiten, mit 2500 Franken dotierten Preis). 
Jury: kein herausragender Jahrgang

Umso spannender wars, wie Jurysprecherin Corina Caduff aus dem Nähkästchen plauderte: Die dreieinhalbstündige finale Sitzung habe völlig ergebnisoffen begonnen; man habe diskutiert, verworfen, von Neuem begonnen, gerungen. 2015 sei ja weder quantitativ noch qualitativ ein besonders herausragender Jahrgang gewesen. Man fragte sich an dieser Stelle freilich, ob der eine oder andere vielversprechende Titel womöglich gar nicht eingereicht worden war.

Wobei es zumindest aus der Statistik kleine Superlative zu vermelden gibt: 90 Titel wurden eingereicht, soviele wie noch nie (in den letzten fünf Jahren waren es im Durchschnitt knapp 80). Ein Rekördli ist auch die Teilnahme von 32 schweizerischen Verlagen (in den letzten 5 Jahren waren es durchschnittlich 25), während die Teilnahme deutscher Verlage sich tendenziell nach unten bewegt (heuer 13). Werden schweizerische Autoren in Deutschland derzeit eventuell weniger verlegt? Schön jedenfalls, dass der kleine österreichische Droschl-Verlag (es gab nur 6 austriakische Vertreter) bereits zum zweiten Mal in die Kränze gekommen ist. Alles in allem wars wirklich wunderbar.  

Quelle: Tagesanzeiger.ch/Newsnet 9.11.15

Weitere Artikel siehe:
NZZ: http://www.nzz.ch/feuilleton/kraeftig-und-nachdenklich-1.18643240  
Literaturnobelpreis: http://www.nzz.ch/feuilleton/swetlana-alexijewitsch-wird-ausgezeichnet-1.18626410 
Alle Literaturpreise: https://de.wikipedia.org/wiki/Nobelpreis_f%C3%BCr_Literatur  

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