Montag, 9. November 2015

Rund um Literaturpreise - nach Verleihung des schweizerischen

Der Roman «Eins im Andern» von Monique Schwitter ist mit dem Buchpreis ausgezeichnet worden. Keine Überraschung, aber ein Fest.

 

Bevor die Jury entschied, wurde dreieinhalb Stunden diskutiert: Die Gewinnerin des Schweizer Buchpreises 2015, Monique Schwitter. (28. August 2015)

Bevor die Jury entschied, wurde dreieinhalb Stunden diskutiert: Die Gewinnerin des Schweizer Buchpreises 2015, Monique Schwitter. (28. August 2015) Bild: Christian Beutler/Keystone

«Wunderbar!»: Das war das Wort, das der völlig überwältigten Trägerin des Schweizer Buchpreises 2015, Monique Schwitter. So wunderbar sei die Musik des Streichtrios gewesen, dass sie während der angespannten Stunde von 11 Uhr bis zwölf Uhr fast vergessen habe, wieso sie da eigentlich im Foyer des Theaters Basels sitze. Wunderbar sei zudem die spürbare Wertschätzung von Literatur gewesen, die aus der Würdigung jedes einzelnen Buchs gesprochen habe; wunderbar seien natürlich die nominierten vier Kollegen, vor denen sie sich verbeuge.

Und ganz ergriffen habe sie ein Hinweis von Jurorin Susanna Petrin: Diese habe mit Blick auf das Buch etwas entdeckt, was ihr, Schwitter, gar nicht gewusst war. Dass nämlich das Morsealphabet – mit dem der gekonnt gebaute Roman «Eins im Andern» spielt – zwischen den Wörtern «Leben» und «Lieben» nur zwei Punkte Unterschied kennt. Mit dieser Beobachtung hat Petrin einen wesentlichen Aspekt der «Memento-Mori»-summenden Schwitterschen Liebesrecherche buchstäblich auf den Punkt gebracht: einen Aspekt, der schon die Jury des Deutschen Buchpreises begeistert hatte – weshalb sie Schwitters zweiten Roman gleichfalls auf die Shortlist hob, auch wenn der Preis am Ende an Frank Witzel ging. Dem (wunderbaren) Entdecker und Verlagslektor Rainer Götz des feinen Grazer Literaturverlags Droschl schliesslich widmete die 43-jährige gebürtige Zürcherin und Wahl-Hamburgerin Schwitter ihren Preis.

Eine rundum harmonische Preisübergabe, die bei den rund 400 Besuchern der Veranstaltung keine Überraschung auslöste, genausowenig wie die Laudatio, welche die «facettenreiche Darstellung einer Liebesbiographie – kräftig, humorvoll und nachdenklich» pries. Im Grunde erfüllte die Entscheidung, die 30 000 Franken Preisgeld Schwitter zuzusprechen, genau jene Wünsche, die Jens Stocker, Mitinhaber der Basler Buchhandlung Bider & Tanner, vorher im Gespräch mit der Moderatorin Luzia Stettler, Literaturredaktorin SRF, angedeutet hatte: gerne einen bekannten Namen und – nach den Preisträgern Ilma Rakusa (2009), Melinda Nadj Abonji (2010) und Catalin Dorian Florescu (2011) – nicht unbedingt einen «migrationslastigen» Titel. Die Shortlist 2015 sei diesbezüglich mit ihren drei Migrationsbüchern ein wenig unausgewogen (Martin R. Dean: «Verbeugung vor Spiegeln», Dana Grigorcea: «Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit», Meral Kureyshi: «Elefanten im Garten»; sie erhielten, wie auch Ruth Schweikert für ihren Roman «Wie wir älter werden», den zweiten, mit 2500 Franken dotierten Preis). 
Jury: kein herausragender Jahrgang

Umso spannender wars, wie Jurysprecherin Corina Caduff aus dem Nähkästchen plauderte: Die dreieinhalbstündige finale Sitzung habe völlig ergebnisoffen begonnen; man habe diskutiert, verworfen, von Neuem begonnen, gerungen. 2015 sei ja weder quantitativ noch qualitativ ein besonders herausragender Jahrgang gewesen. Man fragte sich an dieser Stelle freilich, ob der eine oder andere vielversprechende Titel womöglich gar nicht eingereicht worden war.

Wobei es zumindest aus der Statistik kleine Superlative zu vermelden gibt: 90 Titel wurden eingereicht, soviele wie noch nie (in den letzten fünf Jahren waren es im Durchschnitt knapp 80). Ein Rekördli ist auch die Teilnahme von 32 schweizerischen Verlagen (in den letzten 5 Jahren waren es durchschnittlich 25), während die Teilnahme deutscher Verlage sich tendenziell nach unten bewegt (heuer 13). Werden schweizerische Autoren in Deutschland derzeit eventuell weniger verlegt? Schön jedenfalls, dass der kleine österreichische Droschl-Verlag (es gab nur 6 austriakische Vertreter) bereits zum zweiten Mal in die Kränze gekommen ist. Alles in allem wars wirklich wunderbar.  

Quelle: Tagesanzeiger.ch/Newsnet 9.11.15

Weitere Artikel siehe:
NZZ: http://www.nzz.ch/feuilleton/kraeftig-und-nachdenklich-1.18643240  
Literaturnobelpreis: http://www.nzz.ch/feuilleton/swetlana-alexijewitsch-wird-ausgezeichnet-1.18626410 
Alle Literaturpreise: https://de.wikipedia.org/wiki/Nobelpreis_f%C3%BCr_Literatur  

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